«… Für Hermann Tobler und seine Freunde war die Möglichkeit, vor hundert Jahren den Hof Oberkirch zu erwerben, ein Glücksfall. Diese herrliche Umgebung erlaubte es ihm, eine private Schule nach seinen Vorstellungen Schritt um Schritt aufzubauen. Neben dem Unterricht im Schulzimmer spielten die gestaltenden Fächer, der Garten, die Kleintiere und vor allem die eigenen Sportanlagen eine entscheidende Rolle. Die Beziehung zur Natur liess sich vertiefen auf Exkursionen in die nähere oder weitere Umgebung, besonders auch ins Kaltbrunner Riet. Wir ehemaligen Schüler sind dankbar für das, was uns der Hof neben dem Schulwissen auf den Weg mitgegeben hat …“.
dipl. Arch. ETH/SIA H. Schwarzenbach
(Sohn von Dr. F. Schwarzenbach)
Tagesablauf
Wecken im Sommer um 6 Uhr, dann ½ Stunde Turnen oder Gartenarbeit. Wecken im Winter um 7 Uhr, Turnen vor dem Mittagessen. Zwischen Frühstück und Mittag zweimal 7/4 Stunden Unterricht mit einer grossen Pause. Nach dem Mittagessen 1 Stunde frei, dann praktische und andere Arbeiten. Nach dem Vesperbrot Spiel, Sport, Freistudium und einzelne Unterrichtsstunden. Nachtessen 6 ½ Uhr, dann Studium für alle. Vorlesen, Klassenversammlungen oder Musik. Zu Bett gehen für die Jüngeren ca. 8 Uhr, für die Grösseren um 9 Uhr. Ablöschen für ältere Schüler 9 ½ Uhr.
Tobler, Hermann, Landerziehungsheim Hof Oberkirch, Kaltbrunn/ Schweiz, Erziehungsprogramm und Prospekt
Das Landerziehungsheim „… strebt zunächst nach allgemeinen Erziehungszielen, d. h. es will den ihm anvertrauten Knaben Gelegenheit und Anleitung geben, zu Männern heranzuwachsen, die, als tüchtige Berufsleute, Bürger und Väter, die Verhältnisse unserer Zeit verstehen und an der Lösung ihrer Aufgaben nach Kräften mitarbeiten. (…) Dabei werden sowohl die Bildung des Körpers wie die des Verstandes, des Charakters und der künstlerischen Fähigkeiten planmässig ins Auge gefasst.
(…)
Sie werden auch über alltägliche Dinge Auskunft wissen, was eine Hypothek, ein Scheck und ähnliche Dinge sind, …“.
Karl Hermann Tobler, Dr. Fritz Schwarzenbach
Pädagogische Grundlagen
Hermann Tobler hatte erkannt, dass die herkömmlichen Schulen fast ausschliesslich den „Kopf“ beanspruchten, nicht aber „Herz und Hand“. Sein pädagogisches Modell sollte Schulunterricht, Erziehungsgemeinschaft und körperliche Betätigung zugleich vermitteln. Leben und Schule, Kind und Lernpensum sollten keine Gegensätze mehr sein. Zwar sollte das Lernen Freude bereiten, daneben sollte dem Schüler aber auch bewusst sein, dass das Studium keine Spielerei, sondern ernste und manchmal auch harte Arbeit bedeuten konnte.
Im Jahre 1942 wurde zusätzlich zur Volksschule eine Handelsschule mit Diplomabschluss eröffnet. Es bestand sogar die Möglichkeit, an der Kantonsschule St. Gallen die Maturitätsprüfung abzulegen.
Die Umnutzung des Pfarrhauses zu einer Privatschule leitete einen kleinen Bauboom auf Hof Oberkirch ein. Bereits im Eröffnungsjahr 1907 entstand das grosse Institutsgebäude neben dem ehemaligen Pfarrhaus. Später kamen verschiedene weitere Neubauten für die Privatschule dazu.
Beat Frei, Kaltbrunn - Viel Geschichte, 2006
Übernahme der Leitung des Landerziehungsheims respektive der Privatschule Hof Oberkirch (Namensänderung 1954)
1907 Hermann und Pauline Tobler
1933 Dr. Erich und Liane Tobler
1942 Dr. Fritz und Christine Schwarzenbach / Martha Schwarzenbach
1962 Pfarrer Peter und Rosetta Zutter
1967 Dr. Rudolf und Hedwig Walgis
1970 Interimsleitung durch lic. oec. Gallus MĂĽller
1971 Guido und Claire Studer
Jede Schulleitung setzte sich fĂĽr das Wohl und die Entwicklung
der Schule ein.
Althöflerverband
Zur finanziellen Absicherung wurde später eine Aktiengesellschaft, bestehend aus ehemaligen Schülern und langjährigen Mitarbeitern, ins Leben gerufen. Dividenden wurden keine ausbezahlt, die erarbeiteten Mittel hingegen laufend in die Schule investiert. An dem jährlichen Althöflertag wurde jeweils auch die Generalversammlung der AG abgehalten und der Verwaltungsrat aus dem Kreis der ehemaligen Schüler gewählt.
Aus dieser engen Beziehung zum „Hof“ resultierte ein eigenes, sozusagen „hofspezifisches“ Klima, welches sich auch in der jährlich zweimal erscheinenden Hof Zeitung widerspiegelte.